Hilft der BA.4/5 Booster weiter?

Eine Anpassung des Impfstoffs an die letzte Variante hört sich ersteinmal vielversprechend an. Aber …

 

Schon bevor die Studiendaten zu dem BA.5 Booster vorgelegen haben, gibt es Fragezeichen, ob eine Fortsetzung des Impfabos der Gesundheit zuträglich ist. Auch wenn wir von den Nebenwirkungen absehen und nur auf die Wirksamkeit schauen.

Argument 1: Vorsicht vor Desensibilisierung (Toleranzbildung) walten lassen. Das Immunsystem kann mit Desensibilisierung reagieren, wenn es immer wieder mit dem gleichen Reiz kontrontiert wird. Wenn Desensibilisierung eintritt, reagiert das Immunsystem weniger auf eine Infektion mit Sars-Cov-II. (mehr dazu)

Argument 2: Die Sache mit der Antigen-Erbsünde. Also die Frage, wie weit ist das Immunsystem der Geimpften auf die Wuhanvariante festgelegt. Soweit mir bekannt, ist die Antwort darauf noch offen. Feststeht, dass auch bei Impfung mit erneuerten Impfstoffen oder Infektion mit neuen Varianten zunächst(?) auch jede Menge Antikörper gegen die Wuhanvariante gebildet werden.

 

Schauen wir uns nun die Daten der Zulassungsstudie von Pfizer für den BA.4/5-Impfstoff an. Für die grundlegende Einschätzung und die Quellenangabe beziehe ich mich auf einen Beitrag von Florian Schilling (hier). Für den monovalenten BA.4/5 Impfstoff ist meines Wissens Folie 25 aus einer Präsentation von Pfizer alles, was der Öffentlichkeit an Untersuchungsergebnissen zu diesem Impfstoff zur Verfügung steht. Die sieht so aus:

Was wurde gemacht? Es wurden 32 Mäuse mit 2 Dosen geimpft. Dann wurden Gruppen zu je 8 Mäusen gebildet. Eine davon erhielt einen Booster mit dem Wuhanimpfstoff. Eine weitere mit dem BA.4/5 Impfstoff. Gemessen wurden dann die neutralisierenden Antikörper gegen verschiedene Varianten: Wuhan, BA.1, BA.2, BA.2.12.1 und BA.4/5. In der Abbildung ist das linke Feld für die Versuchsgruppe Wuhan und das mittlere Feld für die Versuchsgruppe BA.4/5. Auf der Y-Achse sind die Antikörpertiter aufgetragen. Beachte, dass der Maßstab logarithmisch ist: 102 sind 100, 103 sind 1.000, 104 schon 10.000. Zwischen 100 und 1.000 ist die Differenz 900. Zwischen 1.000 und 10.000 ist die Differenz 9.000.

Was wurde nicht gemacht? Es wurden keine Menschen untersucht. Es wurde auch nicht untersucht, wie sich Genesene im Vergleich schlagen. Es wurden keine Nebenwirkungen untersucht. Es wurde ein Ersatzziel gemessen, das bekanntermaßen nur bedingt etwas über die Schutzwirkung aussagt: Die Antikörperanzahl. Da fehlt ein Hinweis, welche Antikörperanzahl für einen nennenswerten Schutz benötigt werden. Vielleicht gibt es auch eine Korrelation zwischen der Menge der gebildeten Antikörper und Nebenwirkungen? Auch dazu keine Untersuchung. Es wurde keine Messung der Antikörpersorte vorgenommen, die auf eine Toleranzbildung hinweisen. Und es wurde auch keine Messung der übrigen nicht neutralisierenden Antikörper vorgenommen. Das wäre interessant, weil die nicht neutralisierenden Antikörper die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass es zu ADE kommt, also zu einer antikörperverstärkten Krankheit.

Was können wir jetzt aus der Abbildung sehen?

Zunächsteinmal betragen die Antikörpertiter in der Wuhangruppe gegen den Wuhantyp 9.870 und gegen den BA.1 Typ 2.075 bei den Mäusen. Auf Folie 5 der Pfizerpräsentation gibt es Werte von einer anderen Studie mit Menschen und einem BA.1 Impfstoff. Dort betragen die Werte einen Monat nach der 3. Dosis 1.342 und 335, also etwa ein Siebtel des Wertes wie bei den Mäusen.

Beide Impfstoffe, der Wuhanimpfstoff und der BA.4/5 Impfstoff, triggern eine gleiche hohe Bildung von Antikörpern gegen den ausgestorbenen Wuhantyp. Der BA.4/5 Impfstoff triggert eine deutlich höher Anzahl von Antikörpern gegen die anderen Varianten. Für die Variante BA.4/5 ist dies erwünscht. Die Antikörper gegen die anderen Varianten sind im besten Falle nutzlos, weil ebenfalls ausgestorben. Im ungünstigen Fall binden sie Kapazitäten des Immunsystems oder führen zu ADE.

Zur Interpretation wäre hier hilfreich zu sehen, wie ein Antikörperspiegel von Genesenen aussieht. Wie ist bei Genesenen das Verhältnis von neutralisierenden zu nicht-neutralisierenden Antikörpern?

Und die Streuung der Antikörpermenge bei den Mäusen ist erheblich. Beispielsweise ist der niedrigste Antikörpertiter gegen BA.4/5 etwa 120, der höchste etwa 14.000. Offen bleibt, was das für eine Bedeutung hat.

 

gepostet am 2022-11-01

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