Risiken eingehen: von Impfhazardeuren und Faktencheckern

Von der Entscheidung Risiken auf den Grund zu gehen oder eben auch nicht. Und wie dies erkannt und benannt werden kann.

 

In der Coronakrise haben wir immer wieder Situationen, bei denen wir die möglichen Risikoarten kennen, aber erstmal nicht das Risiko. Beispielsweise könnte es Impfnebenwirkungen geben. Das Risiko ließe sich durch Studien und hinschauen nach und nach bestimmen. Wenn nicht bleibt das das konkrete Risiko im Nebel.

Das ist für mich als Wirtschaftswissenschaftler eine neue Lage und ein Aha-Erlebnis: In den Theorien, die mir nahegebracht worden sind, wurde unterschieden zwischen Risiko, bei dem die möglichen Ausgänge mit ihren Wahrscheinlichkeiten bekannt sind, und Unsicherheit, bei dem sowohl die möglichen Ausgänge als auch ihre Wahrscheinlichkeiten nicht quantifizierbar und unsicher sind. Hier haben wir nun die Situation, dass wir durch Forschungsarbeit ein Stück weit die Unsicherheit aufklären können, so dass die Situation mehr von einem kalkulierbaren Risiko bekommt. Und diese Situation erfordert eine Entscheidung: wo kann und will ich genauer hinsehen und forschen?

 

Entscheidungsheuristiken könnten beispielsweise sein:

Typ a) „ausgewogene Entscheidungsfindung“:
Argumente in beiden Richtungen sammeln und begründet bewerten. Dann abwägen.

Typ b) „Risikoaverse Entscheidungsfindung“:
Besonders Argumente und Beobachtungen sammeln, die für eine Schadwirkung sprechen und bei einem Verdacht auf erhebliche Nebenwirkungen die Aktion unterlassen / das Medikament vom Markt nehmen.

Typ c) „Hazardeur“:
Argumente nur für eine gewünschte Wirkung sammeln.
Falls ein Argument auftaucht, das für unerwünschte Wirkungen spricht, suche ein Argument, dass das Argument möglicherweise widerlegen könnte. Wenn du eines findest, reicht das. Mehr brauchst du dich um die unerwünschten Wirkungen nicht zu kümmern.
Oder eine zweite Charakterisierung:
Auf die Frage „Welche Verdachtsfälle müssen vorliegen, damit du in Betracht ziehst, dass die Impfung mehr unerwünschte Wirkungen hat, hat bisher angenommen?“ sagt ein Impfhazardeur: „Die Frage interessiert mich nicht.“

 

Beispiel: Wir haben eine neue Impfstoffart. Wir wissen, dass es sein könnte, dass diese Impfstoffe Nebenwirkungen haben. Was tun wir?
1) Die einen sagen so: „Oh, wenn ich mir die gemeldeten Verdachtsfälle für Nebenwirkungen ansehe und sehe, dass die pro Dosis deutlich über den alten Impfstoffen liegen, dann plädiere ich für ein Moratorium und eine Untersuchung.“
2) Sagen die andern: „Aber ein Verdachtsfall beweist doch keine Kausalität! Also können wir weiter impfen.“

Würdest du auch sagen, dass das Vorgehen bei 2) ein Vorgehen a la Typ c) „Hazardeur“ ist?

 

Bei einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des deutschen Bundestages im Sommer 2022 gibt es einen Impfhazardeur in Aktion zu sehen (Video von reitschuster auf youtube, Minute 5:25).

 

Diese Impfhazadeurargumentation überrascht mich immer wieder. Mir ist völlig unklar, wie es möglich ist, dass Menschen so argumentieren. Ich habe ein Beispiel gefunden, um zu veranschaulichen, wie fremd mir das ist. Also, die Impfhazadeurargumentation kommt mir vor wie:

Stell dir vor, es ist Abenddämmerung. Du fährst mit dem Auto auf eine Kreuzung zu. Es gibt eine Ampel, die leuchtet rot. Ich würde sagen: „Die Ampel sieht rot aus. Erstmal bremsen.“. Die Impfhazardeure sagen: „Die Ampel sieht rot aus. Aber die Sonne geht gerade unter. Das rote Licht könnte also auch eine Spiegelung der untergehenden Sonne sein.“ Und fahren weiter.

 

 

gepostet am 2022-08-29

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