Zum Ukrainekrieg

Was hättest du getan als russischer Präsident? – Eine kurze Stellungnahme

veröffentlicht 2024-07-23

Ich reibe mir immer wieder verwundert und entsetzt und verblüfft die Augen, mit welcher Selbstverständlichkeit Russland mit der Ukraine bekämpft werden soll. Ich vermisse Verhältnismäßigkeit, Umsicht, aktive Friedensarbeit.

Meine Quellenlage: Das Thema Ukrainekrieg ist nicht mein Spezialthema. Die Argumente der Pro-Kriegler meine ich zu kennen, kann mich aber irren. In dem Fall bitte updaten. Meine wesentlichen Quellen Contra-Krieg folgen im Text, vollständige Angabe am Ende. Mir scheinen sie belastbar. Ich habe darüberhinaus allerdings keine eigenen Recherchen angestellt.

Los geht’s:

Respekt vor dem Sicherheitsbedürfnis von Russland

Das ist für mich das einfachste aber auch ein grundlegendes Argument: Das Sicherheitsbedürfnis von Russland ist zu respektieren. Genauso wie das Sicherheitsbedürfnis von jedem anderen Land.

Das ist deshalb so wichtig, weil es ja auch darum geht, die Motivation, die Zielrichtung abzuschätzen, was Russland erreichen will. Will es für seine Sicherheit sorgen? Will es sich die Ostukraine einverlaiben? Oder deren Sicherheit garantieren? Will es Europa erobern?
Um darüber mehr Klarheit zu bekommen, gibt es ein Mittel: Dafür sorgen, dass das Sicherheitsbedürfnis von Russland erfüllt ist. Und die Maßnahme dazu ist vielfach benannt und bekannt: Keine NATO in der Ukraine. Garantiert.

Aus irgendeinem mir nicht verständlichen Grund wird Russland diese Zusage auch von vielen Menschen in der Bevölkerung nicht zugestanden. Und damit ein möglicher Grund für den Krieg aufrechterhalten.

Erstaunlich oder? Anstatt Russland Sicherheitsgarantien zuzugestehen, wird lieber die Welt in eine Eskalationsspirale getrieben, die in einen Atomkrieg münden kann, nur damit die Ukraine Teil der NATO sein kann. Verrückt. Entspannt euch! Die Menschen in der Ukraine können auch ein schönes Leben führen, wenn dort keine NATO-Waffensysteme stationiert sind. Wirklich.

Argumente zu diesem Thema

Selbstbestimmungsrecht. Ja, aber das hat seine Grenzen in dem entsprechenden Selbstimmungsrecht der Gegenseite. „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“ Also wenn wir von Russland verlangen, dass die USA ihre Waffen in der Ukraine stationieren können soll, dann kann Russland seine Waffen auch auf Cuba stationieren. Richtig?
In den diversen internationalen Vereinbarungen steht das auch genau so drin. Beispiel „Europäische Sicherheitscharta der OSZE“ von 1999 (zitiert nach Mayer Seite 379):
8. Jeder Teilnehmerstaat hat dasselbe Recht auf Sicherheit. Wir bekräftigen das jedem Teilnehmerstaat innewohnende Recht, seine Sicherheitsvereinbarungen einschließlich von Bündnisverträgen frei zu wählen […]. Jeder Teilnehmerstaat wird diesbezüglich die Rechte aller anderen achten. Sie werden ihre Sicherheit nicht auf Kosten der Sicherheit anderer Staaten festigen. […]

NATO Osterweiterung. Der Westen hat Russland belogen. Russland wurde in zahlreichen Gesprächen vor der Wiedervereinigung zugesichert, dass sich die NATO nicht nach Osten ausdehnen wird. Und sie also wir haben es trotzdem getan. Bekannt ist die Zusicherung von Genscher. Mittlerweile sind aus Archiven der USA Dokumente freigegeben worden, die weitere Gespräche und Zusicherungen, keine Osterweiterung zu machen, dokumentieren. Das National Security Archiv der George Washington University schreibt dazu beispielsweise (deutsch Mayer Seite 361ff): „Nach Genscher, Kohl und Baker kam als nächstes der britische Außenminister Douglas Hurd. (…) Hurd bekräftigte die Baker-Genscher-Kohl-Botschaft bei seinem Treffen mit Gorbatschow in Moskau am 11. April 1990, indem er sagte, dass Grossbritannien eindeutig ‚die Wichtigkeit erkannt hat, nichts zu tun, was die Interessen und die Würde der Sowjetunion beeinträchtigt.‘ “

Verhältnismäßigkeit

Wir reden über einen Krieg an der unmittelbaren Grenze zu Russland. Ein Gebiet etwa in der Größe von Niedersachsen. Es gab grob ausgedrückt politische Turbulenzen dort vor dem Krieg von 2022. Ja fürchterlich. Aber deshalb wollen wir die gesamte Welt auf Kriegswirtschaft stellen und einen Vernichtungskrieg gegen Russland führen, der wenn denn ernsthaft betrieben zum Atomkrieg wird? ??

Einfältigkeit und Kriegslügen

Das nächste was mich dann immer wundert, dass, aus welchem Grund auch immer, so wie es aussieht, viele Menschen davon ausgehen, dass die Informationen die sie hier im Westen bekommen umfassend und korrekt sind und aus dem Streben nach dem Wahren und Guten entstehen, während die Russen und andere wasweisich von niederträchtiger Propaganda irregeleitet werden. Wie bitte kann mensch denn nach sovielen Jahrzehnten von Kriegslügen im Westen so einen Quatsch glauben?

Also: Recherchieren, recherchieren, recherchieren, investigativ recherchieren. Mindestens alle drei Seiten hören. Richtig?

Lesetipp

10 Lügen der Kriegspropaganda, Anne Morelli, Leseprobe Inhaltsverzeichnis,
Erläuterungen auf wikipedia.de
Hier hat die 10 Prinzipien jemand auf die Berichterstattung zum Syrienkrieg angewendet: franznolte.wordpress.com.
Oder auf Venezuela, anti-spiegel.ru.

Das Thema mit der Einseitigkeit bis hin zur Einfältigkeit sehe ich auch in anderen Themenbereichen. Das scheint ein Trend zu sein. Oder vielleicht wird es auch aktuell nur sichtbarer.
In diesem Trend finde ich auch einen positiven Impuls: Raus aus dem ewigen Hin- und Herdebattieren und auch raus aus dem sich Rausreden, rein ins Handeln, sich einsetzen für das was einem wichtig ist, Verantwortung übernehmen.
Nur Vorsicht und Umsicht: Die Welt ist vielfältig und vielschichtig und es gibt viele Perspektiven und Aspekte auf ein Thema. Das Ringen, um ein gutes Verständnis, die Offenheit und Neugier neue Aspekte hinzuzufügen, diese Arbeit wird – so mein Eindruck – gerne gespart und durch innere und äußere Eingebung ersetzt, verbunden mit einer Gewissheit, auch moralisch auf der richtigen Seite zu stehen. Womit wir dann – zacka – wieder im Mittelalter wären und uns in voller Überzeugung im Besitz der Wahrheit zu sein die Köpfe einschlagen.

Weitere, detailliertere Argumente

Unsere Werte in der Ukraine?

Einige Eindrücke.

Erbgutschutz in der Verfassung verankert

Ein weiteres Indiz dafür, dass es wichtig ist, bei der Ukraine zweimal hinzusehen, welche Werte dort politisch verwirklicht werden, findet sich in der Verfassung von 1996. Dort findet sich in Artikel 16: „[…] und die Bewahrung des Erbguts des Ukrainischen Volkes sind Pflicht des Staates.“

Russische und andere Sprachen verboten. Erlaubt vielleicht noch EU-Sprachen

Unmittelbar nach dem Putsch vom 22. Februar 2014, am 23., setzen die neuen Machthaber das bestehende Gesetz über die Regionalsprachen außer Kraft. Im September 2017 folgt eine Neufassung des Bildungsgesetzes, dass in den folgenden Jahren eine Umstellung auf ukrainisch als Unterrichtssprache befiehlt. Am 15. Mai 2019 wird ein Gesetz namens „Über die Gewährleistung der ukrainischen Sprache als Amtssprache“ vom Präsidenten unterzeichnet. Wichtige Punkte daraus (vgl. Mayer S. 322ff):

  • Artikel 1: Ukrainisch ist die einzige Staatssprache
  • Artikel 2: Im öffentlichen und geschäftlichen Leben ist ukrainisch zu verwenden.
  • Artikel 3: Das Ganze hat zum Ziel die Stärkung der staatlichen Einheit
  • Artikel 9: Amtsträger und öffentlich Bedienstete müssen ihre Ukrainischkenntnisse per Zertifikat nachweisen
  • Artikel 21: Ukrainisch ist Unterrichtssprache. Es dürfen sonst nur Englisch oder andere EU-Amtssprachen unterrichtet werden. In der Grundschule können nationalen Minderheiten in eigenen Gruppen in ihrer Sprache unterrichtet werden. Dieses Recht wird indigenen Völkern aber nicht Menschen, die russisch sprechen wollen, auch für die Sekundarstufe zugesprochen.
  • Die gesamte Kultur bis hin zu den Bedienoberflächen von digitalen Geräten ist in ukrainisch zu halten. Das gilt auch für Restaurants (Artikel 30, bei Strafe von einem Monatslohn).
  • Zur Durchsetzung gibt es einen Kommissar. Jeder kann Anzeigen erstatten. Bußgelder etwa in Monatslohnhöhe.

Thema Propaganda: Wusstest du, dass es so ein Sprachengesetz in der Ukraine gibt?

Ukrainisches Rassengesetz

anti-spiegel.ru schreibt:

„Am 18. Mai hat der ukrainische Präsident das Gesetz über die „Einheimischen Völker“ ins Parlament gebracht, das inzwischen auch angenommen wurde. Laut diesem Gesetz werden die Bürger der Ukraine nach völkischen Kriterien in drei Kategorien eingeteilt, die auch unterschiedliche Rechte haben.

Die erste Kategorie sind natürlich die ethnischen Ukrainer. Die zweite Kategorie sind einige kleine Volksgruppen, die auf der Krim leben. Da liegt die Vermutung nahe, dass die keine eigene Kategorie bekommen hätten, wenn die Krim noch zur Ukraine gehören würde. Die Einstufung der Krim-Völker scheint eher ein „PR-Gag“ zu sein, um daran zu erinnern, dass Kiew die Krim als ukrainisch ansieht. Die dritte Kategorie sind alle anderen Minderheiten, also Russen, Polen, Ungarn, Rumänen und so weiter.

Mit dem Gesetz sind unterschiedliche Rechte verbunden, zum Beispiel die Eröffnung von Bildungseinrichtungen in der eigenen Sprache (was Kategorie drei nicht erlaubt ist) und vor allem auch finanzielle Unterstützung durch den Staat. Der Sinn hinter diesem Gesetz ist es, Druck auf die Minderheiten auszuüben, um sie zwangsweise zu ukrainisieren.“

Gleichschaltung von Medien

Schlägertrupps stürmen Redaktionsbüro und zwingen Chefredakteur zum Rücktritt.
Rechtliche Konsequenzen für die Täter? – keine.
Der Anführer des Schlägertrupps, Igor Miroschnythschenko, war stellvertretender Vorsitzender des „Ukrainischen Komitees für Meinungsfreiheit“ im Kiewer Parlament.
(Mayer S. 339),
Bericht im „Spiegel“ vom 20. März 2014 dazu hier, und mit Video hier.

2. Februar 2021: Den letzten beiden kritischen Sendern wird die Lizenz entzogen (112 Ukraina und News One). Mitsamt youtube-Kanälen. Die größte Oppositionspartei verliert damit den Zugang zur Bevölkerung.
(vgl. Mayer S. 351)

Thema Propaganda: die Kiewer US-Botschaft dazu verständnisvoll: „Wir alle müssen zusammenarbeiten, um zu verhindern, dass Falschinformationen als Waffe im Informationskrieg gegen souveräne Staaten eingesetzt werden.“

13. Dezember 2022 Mediengesetz. Der Präsident ernennt die Hälfte der Mitglieder des Nationalen Fernseh- und Rundfunkrates. Die andere Hälfte wird vom Parlament ernannt, in dem die Präsidentenpartei die Mehrheit hat. Diese Behörde hat nun das Recht, den Redaktionen sämtlicher Medien verbindliche Anweisungen zu geben, Geldstrafen zu verhängen und Internet und Printmedien zu verbieten.
(Mayer S. 503)

30. Januar 2023: vollständige Überwachung des Internets. Websites können nun zentral gesperrt und deren Besucher identifiziert werden.

Mord in staatlichem Auftrag

Massaker von Odessa, 2. Mai 2014.
400 Demonstranten gegen Putschregierung in Gewerkschaftshaus getrieben, angezündet, 48 Tote. Bildaufnahmen vorhanden. Täter zur Rechenschaft gezogen: keine.
(vgl. Mayer 340ff)
Dokumentarfilm dazu von Ulrich Heyden: Film, Erstaufführung, 5 Jahre, Interview

„Wir kamen widerwillig zu dem Schluss, dass wir Terroristen eliminieren mussten“. Dazu gibt es die fünfte Elitedirektion für Spionageabwehr des Inlandsgeheimdiensts SBU.
(Mayer S. 347)
Artikel dazu im economist hier (Bezahlschranke).
Wieder wurden zwei Bekannte von mir Opfer ukrainischer Terroranschläge, anti-spiegel.ru, April 2024

Verbot der Opposition

„Im Frühjahr 2022 konnte Viktor Medenventschuk dem Hausarrest entkommen, wurde aber vom ukrainischen Geheimdienst gefangen genommen. Im September wurde er auf Betreiben der russischen Regierung gegen gefangene ukrainische Soldaten ausgetauscht, so dass er nach Russland emigrieren konnte. Die Oppositionsplattform [zuvor zweitstärkste Partei in der Ukraine] wurde 2022 verboten und deren Vermögen konfisziert.
(Mayer, Seite 355)
18. März 2022 Verbot aller Oppositionsparteien (Mayer, S. 502)

Getrieben von Radikalen

„Selenskyi wird am Baum hängen, wenn er die Ukraine verrät und das Minsker Abkommen umsetzt“
Dmitri Jarosch nach der Wahl von Selezkyj Mai 2019, ein Anführer der ukrainischen Nationalisten. Am Maidan Putsch beteiligt, Kommandeur ukrainischer Freiwilligenbatallione und zeitweilig Abgeordneter.
(vgl. Mayer 310ff)

Anti-Kollaboration

9. März 2022 „Gesetz zur Aufwiegelung“.
Im Juli 2022 wurden nach Aussagen von Szelenzkyj 700 Verfahren gegen Beamte eröffnet. Unter Strafe steht „sich der russischen Armee ergeben“ oder“ Zusammenarbeit mit den Russen“, wenn sich die ukrainische Armee aus einem Gebiet zurückgezogen hat. Auch Gedankenäußerungen in Gesprächen oder SMS können bestraft werden.
(Mayer S. 503ff)

Säuberungen nach Rückeroberung von Charkow, 5. Oktober 2022. Bericht in der Daily Mail. 1.300 Ermittlungen eingeleitet, 450 Strafverfahren, Liste mit 29 Vergeltungsmorden, 13 weitere Versuche. Um als Kollaborateur eingestuft zu werden, reichte es aus, als Lehrer weiterhin seiner Arbeit nachgegangenen zu sein oder als Beamter weiterhin ins Büro gegangen zu sein.
(Mayer S. 522f)

12 Schritte zur De-Okkupation der Krim

Was erwartet die Bewohner der Krim, falls diese zurückerobert wird?

Punkt 1: Umbennung von allen russischen Namen von Straßen etc. Abriss von Denkmälern
Punkt 2+3: Strafverfolgung von allen Kollaborateuren. Entzug des aktiven und passiven Wahlrechts, was auf die meisten zutreffen dürfte. … Verlust von Pensionsansprüchen ….
Punkt 7: alle Rechtsgeschäfte ab 2014 ungültig
Punkt 8: Sprengung der Krimbrücke
(Mayer S. 226ff)

Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes HUR, Kirill Budanow, hat seine eigenen Pläne. In einem Fernsehinterview am 19. Mai 2023 stellt er vor, wie er sich die Behandlung der Krimbewohner nach einem ukrainischen Sieg vorstellt: „Ganz einfach: gerechte Bestrafung. Gerechte Bestrafung bei einigen von deren Taten kann nach unserem Verständnis nur die physische Auslöschung sein. Wir werden viel zu tun haben.“
(Mayer S. 221)

Als Vorgeschmack hat die Ukraine der Krim das Wasser abgedreht. Die Krim ist wohl eine recht trockene Gegend. Die Bewässerung erfolgte zu 85% über einen Kanal aus dem Dnjepr-Fluss. Im April 2014 riegelte die Ukraine den Kanal ab. Das fließt erst wieder seit Kriegsbeginn Februar 2022, als Russland den Absperrdamm sprengt.
(Mayer S. 318)

Westliche Heuchelei bei Selbstbestimmungsfragen

Referendum auf der Krim

Auf der Krim gab es ein Referendum am 16. März 2014. Die russische Armee war zu dieser Zeit auf der Krim stationiert. Dazu gab es eine Vereinbarung, weil der Hafen Sewastopol auf der Krim für Russland militärstrategisch von großer Bedeutung als Zugang zu Schwarzen Meer ist. Ergebnis des Referendums 83% nehmen Teil, 97,5 wollen den Beitritt zu Russland. (vgl. Mayer Seite 209ff)

Gab es Beobachter? OSZE-Beobachter waren eingeladen, aber kamen nicht. Es waren aber 135 Beobachter aus 23 Ländern registriert. Keine Verstöße gemeldet.

(Im Westen wurden zum Teil durchsichtige Urnen bemängelt, aber durchsichtige Urnen sind in der Ukraine wohl üblich.)

Vom Westen wurde das Referendum nicht anerkannt, weil die Bewohner mit der Militärpräsenz der Russen keine Wahl gehabt hätten.

Was ist davon zu halten?

Geschichtlicher Hintergrund: Seid 1774 gehört die Krim zu Russland. Seid 1954 unter dem Dach der Sowjetunion zur Ukraine. 1991 mit der Auflösung der Sowjetunion wird der Krim das eigentlich vorgeschriebene Referendum vorenthalten. 1992-1994 erklärt sich die Krim unabhängig. 1995 holt sie die Ukraine zurück unter das ukrainische Dach.

Was mich wundert: Wir haben also eine lange russische Geschichte. Wir haben ein Einsprengsel von Unabhängigkeit. Gut zwanzig Jahre als Teil einer selbstständigen Ukraine. Ein Blick auf den letzten Abschnitt „Unsere Werte in der Ukraine?“ zeigt, dass die neue Regierung nach dem Maidan-Putsch als erstes das bestehende Regionalsprachengesetz außer Kraft gesetzt hat. Würde ich als russisch sprechender Mensch in einem Land bleiben wollen, dass mir meine Sprache verbietet?

Also anders gefragt, gibt es überhaupt Argumente, mit denen begründet werden kann, dass eine Mehrheit der Krimbewohner lieber bei der Ukraine geblieben wäre?
Seh ich nicht – ich nehme aber gerne Argumente entgegen.
Warum wird dann der Wunsch der Krimbewohner bei uns nicht respektiert?

Referenden im Osten der Ukraine

11. Mai 2014 Unabhängigkeitsreferendum. Wahlbeteiligung um die 75%, für die Unabhängigkeit um die 90%.
(Mayer S. 259ff)

Hintergrund: Im Osten der Ukraine wird mehr russisch gesprochen. Wir hatten im Februar 2014 den Maidan-Putsch. Es gab die Aufhebung des bestehenden Gesetzes zu den Regionalsprachen unmittelbar anschließend. Es gab den Schlägertrupp in den Redaktionsräumen (s.o.) unter Beteiligung eines Parlamentmitglieds. Der Überfall ist nicht geahndet worden. Und es gab das Massaker von Odessa (s.o.). Am 9. Mai in Mariupol kam es zu wilden Szenen, in denen Soldaten wohl auch schossen.

Wahlbeobachter: Kaum vorhanden.

Im Westen wurden die Referenden nicht anerkannt. Allerdings wurde auch nie gefordert, die Referenden unter besseren Bedingungen zu wiederholen. Es gab anschließend noch Meinungsumfragen, die ebenfalls eine Mehrheit für die Unabhängigkeit ermittelt haben.

Auch hier frage ich mich: Angenommen ich wäre russischsprachig aufgewachsen. Was wären denn die Argumente gewesen, die mich für ein Verbleib in der Ukraine hätten stimmen lassen?

Kiew reagierte auf die Unabhängigkeitserklärung und zahlte keine sozialen Leistungen mehr aus. Renten mussten persönlich in der Ukraine abgeholt werden. Die Ukraine gab keine Pässe mehr aus. Es verhängte eine Wirtschaftsblockade. Die Verwaltung wurde neu aufgebaut. Kurzum: Die beiden neuen Volksrepubliken waren nun selbstständig. Sie hatten ein Staatsvolk, ein Staatsgebiet, eine Regierung und eine Verwaltung und damit alles was es braucht, um als Staat zu gelten.

Wenn dem so ist: Dann ist ab diesem Zeitpunkt der Einsatz von ukrainischem Militär eine völkerrechtswidrige Angriffsaktion, richtig?

Im folgenden Krieg mit der Ukraine gibt es bis 2022 etwa 14.000 OSZE bestätigte Tote.

Erst Anfang 2022 erkennt Russland diese beiden Republiken an, nachdem es immer wieder für eine Lösung innerhalb der Ukraine plädiert hatte. Damit ist es möglich, dass die beiden Republiken Russland völkerrechtsgemäß um Unterstützung bitten. So anders kann die Welt aussehen.

Blinde Flecken bei der eigenen Aggressivität und den eigenen Lügen, und dem eigenen Missbrauch

Statement: Russland zerlegen

US-General Jack Kean General Jack Kean „Für nur 66 Milliarden Dollar haben wir bekommen: Die Ukraine macht das Kämpfen, sie zerstören die russische Armee auf dem Schlachtfeld“
(youtube.com, Minute 2:48)

Dazu das Stichwort „Dekolonisierung Russlands“, also die Aufteilung Russlands in viele kleine Staaten. Zum Beispiel propagiert von der „U.S. Helsinki Commission“ (CSCE), die von der US-Regierung finanziert wird. Konferenz 2022 „Decolonizing Russia: A Moral and Strategic Imperative“ (youtube.com) (Mayer, S. 118).


Statement: Deutschland und Russland spalten

„Das Hauptinteresse der US-Außenpolitik während des letzten Jahrhunderts,
im ersten und zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg
richtete sich auf die Beziehung zwischen Deutschland und Russland,
denn vereint sind sie die einzige Macht, die uns bedrohen kann.
Unser Hauptinteresse war sicherzustellen, dass dieser Fall nicht eintritt.“

US-Geopolitiker George Friedman (4. Februar 2015, vimentis.ch, youtube.com)

Statement: Gegenseitiges Bekriegen fördern

„Die größte Herausforderung für die US-amerikanische Seeherrschaft bilden feindliche Flotten. Die beste Gegenmaßnahme ist die Verhinderung des feindlichen Flottenbaus. Und die bewirkt man am besten durch die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts der Kräfte in Eurasien. Hierfür wiederum ist es ideal, für anhaltende Spannungen innerhalb Eurasiens zu sorgen, so daß dort die Ressourcen statt für den Flottenbau zur Verteidigung gegen Bedrohungen zulande eingesetzt werden.
In Anbetracht der inhärenten Spannungen in Eurasien brauchen die Vereinigten Staaten meistens gar nichts zu tun. Manchmal müssen sie einer oder beiden Seiten oder beiden Seiten militärische oder wirtschaftliche Hilfe schicken, in anderen Fällen lediglich Ratschläge erteilen …“

Friedman, George: U.S. Defense Policy in the Wake of the Ukrainian“, Geopolitical Weekly, Tuesday, April 8, 2014, http://www.stratfor.com/weekly/us-defense defense-policy-wake-ukrainian ukrainian-affair
aus dem Vortrag von Rose Folie 55

Statement: Minsk II war nur dazu da, um Zeit für das Aufrüsten zu gewinnen

„Und das Minsker Abkommen von 2014 war der Versuch, der Ukraine Zeit zu geben. Sie hat diese Zeit auch genutzt, um stärker zu werden, wie man heute sieht. […] Wie man im Kampf gegen Debalzewe Anfang 2015 gesehen hat, hätte sie Putin damals leicht überrennen können.“
Merkel Dezember 2022 in der ZEIT (Mayer S. 307)
und Mayer dazu:
„Noch 2015 hatte Merkel heuchlerisch betont, es müsse alles getan werden, um das Abkommen umsetzen.“ (news.yahoo.com)

Auch der ehemalige Präsident der Ukraine und Frankreichs Hollande haben sich entsprechend geäußert.

Für wen oder was unterstützen wir diesen Ukrainekrieg nochmal?

Quellen

Eine ganze Menge mehr und ausführlicher in dem Buch:
Thomas Mayer: Wahrheitssuche im Ukrainekrieg, 2023.
Interview dazu auf tkp.at
Besonders auch zum Putsch auf Maidan, zu Minsk II, zur Geschichte der Ukraine und zum Nationalismus in der Ukraine

Vortrag von Florian Pfaff: Butscha, Kriegslügen und die Medien – Vortrag von Major a.D. Florian Pfaff in Marburg (youtube.de)

Geopolitische Hintergründe des Ukraine-Kriegs – Vortrag von Jürgen Rose in Marburg am 24.11.2022 (youtube.de). Rose ist Jahrgang 1958, ist Oberstleutnant a. D. der Bundeswehr und Publizist. Mit verschiedenen Links, insbesondere zwei Büchern zu Kriegspropaganda und einer näheren Diskussion, was einen Angriff zu einem Angriff macht.

Das passt dazu: Märchenzeit

Links

Update 2024-10
Zum Thema Friedensverhandlungen gibt es einen Diskussionsstrang, in dem darüber debattiert wird, wie weit die Verhandlungen waren, und ob es Boris Johnson war, der dann eine Einigung verhindert hat. Viktoria Nuland hat sich in einem Interview mit einem russischen Journalisten dazu geäußert. Auf uncutnews.ch / youtube.com (Segment ab Minute 53)

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