2025-01-20
Ich finde der folgende Artikel der FAZ ist ein anschauliches Beispiel dafür, warum wir einen Spaltung im Land haben. Es geht um folgenden Artikel:
Corona ist nicht abgehakt,
In Halle ziehen noch immer jeden Montag Impfgegner, Friedensbewegte und Regierungskritiker durch die Straßen.
Was treibt die Querdenker heute an?,
FAZ vom 19. Oktober 2024, Nr. 244, Seite 3(!).
Ich habe keine frei verfügbare Version gefunden. Daher den Titel des Artikels und die linke Spalte zum Reinschnuppern (pdfs):
Titel, linke Spalte Teil 1, linke Spalte Teil 2
Der Artikel ist mir zugesendet worden, wohl in der Absicht, mich damit bekannt zu machen, was „richtige Journalisten“ schreiben. Was ich gefunden habe, hat mich dann doch erschrocken. Ich finde, der FAZ Artikel ist eine platte Schmähschrift. Falls du zu einem anderen Ergebnis kommst, teile mir gerne mit, wie. Im Folgenden nun meine Reaktion auf die Zusendung:
Was erwarte ich von einem journalistischen Artikel:
Dass er alle Seiten beleuchtet und zu Wort kommen lässt oder repräsentiert, so dass sich der Leser ein Bild von der Situation machen kann und dann auf guter Grundlage weiterrecherchieren kann, wenn es ihn denn interessiert.
Meine Erfahrung mit GEZ finanzierten Medien und alteingesessenen Zeitungen: Sie reden über die Kritiker der Coronamaßnahmen aber niemals mit ihnen. Und: Die Argumente, die den Kritikern wichtig sind, tauchen nicht oder nur abwertend und unvollständig dargestellt auf.
Was finde ich nun in dem FAZ-Artikel:
Überschrift: Corona ist nicht abgehakt. Warum so und nicht: „Corona: es gibt noch offene Fragen“?
Ich empfinde das als ein Schlechtmachen von Regierungskritikern schon in der Überschrift. Es wird suggeriert, dass da etwas abzuhaken wäre, aber sich die Kritiker verrannt hätten und an ollen Kamellen festhalten.
Unterüberschrift: „In Halle ziehen noch immer …„. Und dieselbe Suggestion noch einmal.
und Was treibt die Querdenker an? Querdenker war ja früher mal ein positiv gemeinte Bezeichnung im Sinne, da untersucht jemand die Lage nochmal aus einer anderen Sichtweise. Seit Corona ist sie ganz klar negativ und wird immer zusammen mit rechtsradikal, Aluhutträger, antisemitisch und was weiß ich gebraucht. Die nächste negative Zuschreibung. 3 Zeilen, 3 negative Zuschreibungen.
1. Absatz: „Ausdauer hat einen Namen …“ Ok, ein Hauch von Anerkennung. Aber im Context des restlichen Textes und nach der Überschrift mit „noch immer“ steht es eher für Borniertheit. Also eine doppeldeutige Zuschreibung.
Es wäre ja auch möglich so anzufangen: „Letztens ist mir aufgefallen, dass es in Halle immer noch Montagsspaziergänge gibt. Das wundert mich. Für mich ist das Thema abgehakt. Also nachfragen: Warum spaziert ihr immer noch? Zuerst frage ich .…
Ein Gespräch mit den Kritiern führen und nicht über sie schlecht schreiben.
Dann geht es mit dem Schlechtschreiben weiter: „Vor 35 Jahren … SED-Diktatur…“ Was ist das für eine Info? Haben sich die Demonstranten, die sie befragt hat, darauf bezogen? Wenn ja, warum schreibt sie es nicht und klärt uns auf, was die Demonstranten sagen, was das von damals mit heute zu tun hat? Wenn nein warum führt sie das an? Auf mich wirkt es so, dass die Autorin das Bild der ewig Hängengebliebenen weiter verstärken will. Die machen noch nicht mal mit den SED-Demos nach 30 Jahren Schluss, so in der Art.
„protestieren immer noch – anderhalb Jahr nachdem selbst die Maskenpflicht gefallen ist„. Ja, die Autorin versteht das nicht. Und fragt sicherheitshalber nicht nach. Sondern präsentiert die Demonstranten als hängengeblieben und gegen irgendwas demonstrierend, was es nicht mehr gibt.
„Es ist mehr dazu gekommen, wogegen demonstriert wird“ – die Autorin schreibt das so hin und suggeriert, dass die Demonstranten einfach wahllos gegen alles demonstrieren, Hautpsache sie haben einen Grund. Mit keinem Wort geht sie dem nach, ob es da vielleicht gute Gründe für gibt dagegen zu protestieren und diese Themen in die Öffentlichkeit zu bringen. Die nächste negative Zuschreibung.
Dann kommt so ein bisschen Stimmungsbeschreibung, die in dem Pullover mündet mit „Fuck Grüne“. Ja ich stimme zu, das ist nicht besonders geschmackvoll. Aber wenn die Autorin die feine Feder bevorzugt, warum fragt sie die Demonstranten nicht nach Autoren, die mit feiner Feder mit ihr argumentieren könnten? Nein, sie geht auf die Straße und nutzt die Möglichkeit, wieder ein schlechtes Licht auf die Demonstranten werfen zu können.
Dann schwenkt sie über zu Maik Fielitz, Leiter gegen Bundesarbeitsgemeinschaft gegen Hass im Netz. Wieder so eine perfide Suggestion. Die Autorin hat bis hierhin noch kein Gespräch oder Argumente von einem Demonstranten wiedergegeben. Kein Hass, nichts. Demo für Frieden war eines der Themen. Und schwubs wird die Demo mit Hass in Verbindung gebracht. Wieder eine negative Zuschreibung.
Dieser nicht näher vorgestellte Fielitz darf dann noch sagen, dass Querdenken eine Überschneidung mit dem äußersten rechten Rand haben. Wieder eine negative Zuschreibung. Hat die Autorin irgendeinen Anhaltspunkt für rechtsextrem auf der Demo beobachtet? Nein, aber der Experte sagt das. Und weil ihr das nicht reicht, geht es noch um Campact, Verschwörungserzählungen, AFD und dann sind auch Extremisten mitgelaufen. Alles eine Suppe, Hauptsache die Demonstranten diskreditieren.
– Bei Campact könnte zum Beispiel der Versuch von Faeser diskutiert werden, dass Magazin über das Vereinsrecht zu verbieten. Was eine unfassbare Anmaßung ist. Ein Verbot kann das passende Gericht aussprechen, nicht das Innenministerium. Und dass sie letztlich nochmal damit gescheitert ist. Die Gründe haben nicht ausgereicht.
– Was an Verschwörungserzählungen so schlimm ist weiß ich nicht. Dauernd verabredet sich irgendwer mit irgendwem. Und die „Verschwörungserzählungen“ zu Corona haben sich zum großen Teil bewahrheitet. Beispielsweise hieß es im Frühjahr 2020: Vorsicht Fakenews! Verschwörungsgläubige! Es wird behauptet, es soll einen Lockdown geben! Bitte helft mit, dass sich dieser Unsinn nicht weiter verbreitet“ – diese Aufforderung kam von der Bundesregierung. Und 2, 3 Wochen später war er da, der Lockdown. So zu tun als, wenn alle Verschwörungstheorien idiotisch seinen, zeugt von einem unfassbar einseitigen Blick.
– Die AFD übergangslos in die rechtsextreme Ecke einzusortieren finde ich auch unfair. Da gibt es auch Abstufungen. Diese Abstufungen einzuebenen führt dann paradoxerweise dazu, dass es leichter wird sich der AFD anzuschließen, weil ja der harmlosere Teil der sichtbarere ist.
– Dass Extremisten auf der Demo mitgegangen sind, ist auch völlig zu simpel in der Darstellung. Demos sind öffentliche Veranstaltung an denen jeder teilnehmen darf – und auch seine eigene Position kundtun darf, auch wenn sie von der Position des Veranstalters abweicht. Es gibt von seiten des Veranstalters erstmal keine Handhabe Leute von der Demo auszuschließen. Hier wäre also tiefer zu graben, in was für einem Verhältnis diese Extremisten zu der Demo und den Organisatioren stehen. Aber das braucht die Autorin nicht, es reicht eine weiteres schlechtes Licht auf die Demostranten geworfen zu haben.
Dann kommt das Argument, dass diese Art von Demos nur noch in Halle stattfinden und noch an einem anderen Ort. Halte ich für gelogen. In Marburg wird auch noch gelaufen, beispielsweise.
Was ich auch völlig daneben finde, dass sehen die aber vielleicht nicht: Nur weil die Leute nicht mehr so viel auf die Straße gehen, ist das Thema ja nicht durch. Die Coronamaßnahmen und wie diese vermittelt worden sind, hat bei einer erheblichen Anzahl von Leuten, wie ja auch bei mir, dazu geführt, dass die Bundestagsparteien nicht mehr wählbar sind. Grundrechtseingriffe in diesem Stil hätte ich nur von extremistischen Parteien erwartet. Die einzige Partei die mich nicht drei Jahre lang beleidigt hat, war die AFD. Zähle 1+1 zusammen. Wo kommen die Zuwächse für die AFD her?
Und damit das nicht so sichtbar wird, es gibt ja immer diese Fragen rund um die Wahlen in der Art “ Welche Themen sind für Sie bei der Wahl wichtig?“. Da Fragen dann „die Medien“ nach Klimawandel und Sicherheit und Wirtschaft aber nicht: Coronamaßnahmen.
Dann wird noch kurz Ballweg missbraucht, um die Demonstranten in schlechtes Licht zu rücken. Auch das Thema Ballweg verdient eine sauberen Recherche und Darstellung. „Wird gerade wegen Betrugs angeklagt“, das mal so eben einzuflechten, ist unterste Schublade.
– Ballweg hat wie ich finde verdienstvoll in der Zeit, als die Grundrechtseinschränkungen anfingen, große Demos organisiert. Grundrechtseinschränkungen gehören gut begründet und überprüft. Wie sich jetzt beispielsweise für die Ausgangssperren herausstellt – und Fachleuten schon die ganze Zeit klar war – zu Ausgangssprerren gibt es keine Information (RKI-Protokolle). Auf so einer Grundlage ein ganzes Land dichtzumachen, da finde ich kann man schonmal protestieren und nachhaken.
– Dann ist Ballweg in der Szene sehr umstritten. Er hat ein Treffen arrangiert, bei dem führende Köpfe, ohne dass diese wussten wohin es geht, eingeladen worden sind. Das Treffen war dann mit einem Reichsbürger. Und dann ist noch der Verfassungsschutz aufgetaucht. Es ist also nicht klar, ob Ballweg nicht ein V-Mann ist.
– Dann war Ballweg lange in Untersuchungshaft. Angeblich Veruntreuung von Spendengeldern von den Demos (ein Eindruck davon auf manova.news). Die Staatsanwaltschaft hat aber Monate gebraucht, um überhaupt zu begründen, warum sie Ballweg festhält. Und es kamen dann sehr tendenziöse Fragebögen zum Vorschein, mit denen die Staatsanwaltschaft Demoteilnehmer befragt hat, was diese denn mit ihren Spenden beabsichtigt haben. Dann ist zu wissen, dass die Orga von solchen Großdemos zehntausende bis hunderttausende Euro kostet. Und das ja auch hopplahopp gehen musste. Das heißt in diesem Fall ist zu prüfen, ist Ballweg ein Übeltäter oder wird hier von Staatsseite die Justiz zur Einschüchterung missbraucht. – Was die Autorin dieses Beitrags niemals fragen wird. Sie haut lieber auf eine kleine Demogruppe drauf, als der Regierung auf die Finger zu schauen.
Dann kommt die Boutiqueinhaberin zu Wort. Früher total aggressiv mit den vielen Leuten, jetzt lacht sie über den kleinen Haufen – wieder ein schlechtes Licht auf die Demonstranten.
usw. usw.
War das Thema des Artikels nicht, warum sie immer noch demonstrieren?
An der Stelle habe ich genug. Genug Herabsetzung. Genug Respektlosigkeit. Genug Desinteresse. Genug Schlechtschreiben von Regierungskritikern.
Das ist der Umgang mit Opposition, wie ich ihn in den letzten Jahren von den GEZ Medien und den Zeitungen kennengelernt habe. Sie sind zu Erfüllungsgehilfen der Regierung verkommen und scheuen dafür auch nicht, journalistische Prinzipien über Board zu werfen.
Sollte ich wichtige Passagen übersehen haben, weise mich gerne darauf hin. Ich fliege kurz über die letzte Spalte, das wird nicht besser.
Ich würde sagen, die Autorin will schlechtes Licht auf die Demonstranten werfen, sie ist überhaupt nicht an deren Gründen interessiert. Sie will spalten. Und sie will auf keinen Fall den Impuls der Demonstranten aufnehmen und nachsehen, ob sie die Argumente nachvollziehen kann und das Regierungshandeln überprüfen.
Ich finde der Artikel ist ein widerliches Schmierenstück zur Verbreitung von Hass, Hetze und Spaltung. Das hat mit Journalismus nichts zu tun.
Wenn du einen Eindruck von den Gründen haben willst, warum die Leute immer noch auf die Straße gehen, schau die mal das Video von unserer RKI-Protokolle-Aktion an.
Kannst du das nachvollziehen?