Besprechung: WHO-CA+ Negotiating Text

Zur Fundierung von Argumenten gegen den geplanten WHO-Pandemievertrag

Letzte Aktualisierung: 2023-10-26

 

Dies ist ein Beitrag im Rahmen der Serie zu WHO-Pandemievertrag und IGV-Änderungen.


Es wird der WHO-CA+ Vertragsentwurfs Version „Negotiating Text“ besprochen, auch im Vergleich zum Bureau Text. Die Dokumente und eine Besprechung der Vorgängerversion zum Bureau Text finden sich in Teil I der Serie.

 

Markierungen:
Fettungen zwecks Hervorhebung von mir.
NEU markiert inhaltliche Neuerungen gegenüber dem Bureau Text. Also eine andere Artikelnummer ist nicht neu. Und eine etwas andere Formulierung bei gleicher Aussage ist auch nicht neu.

Los geht’s:

NEU Erste Änderung: WHO CA+ heißt jetzt WHO Pandemic Agreement.

Dem Negotiating Text ist ein Abschnitt mit 13 Absätzen vorangestellt, die grundlegende Sichtweisen darlegen, die dem Vertragsentwurf zugrunde liegen.

(1) Fordert die Anerkennung der WHO als wegweisende und koordinierende Institution der internationalen Gesundheitsarbeit.

Es geht also nicht darum, dass die WHO den Ländern hilft sich zu koordinieren, sondern die WHO will die Führung und die Richtung vorgeben. Das steht auch so schon in der ➜WHO-Verfassung, wird hier aber nocheinmal eingefordert.

Gleichzeitig wird die ➜Souveränität der Staaten bestärkt (3).
Wie das gehen soll? – Wird nicht erläutert. Vielleicht hofft die WHO, dass zwischen dem Lesen von (1) über (2) bei (3) vergessen ist, was in (1) steht?

Das fällt mir wieder auf: Es werden Diagnosen zur Coronapandemie gemacht und verschiedene Ansätze proklamiert, die helfen sollen. Es wird aber nicht auf Quellen mit Analysen verwiesen, welche die Diagnosen und die gewählten Maßnahmen begründen.

Die Staaten sollen schlecht auf die Pandemie vorbereitet gewesen sein (4) und die Ungleichheit auf nationaler und internationaler Ebene habe die rechtzeitige Versorgung mit medizinischen Maßnahmen behindert (5):

4. Noting with concern that the COVID-19 pandemic revealed serious shortcomings in preparedness at national and global levels for timely and effective prevention and detection of, and response to, health emergencies,

Wie kommen die bei der WHO auf die Idee, dass es da „serious shortcomings“ gab? Wenn auf dieser Diagnose ein neuer Vertrag mit neuen Rechten aufgesetzt werden soll, dann ist eine solche Diagnose zu begründen, richtig? – jedoch: kein Link, nichts.

Als Grund für Pandemien werden ➜Zoonosen aufgeführt (8), die es folglich zu vermeiden gelte.

Besser werden soll es mit: ➜Whole-of-Government und Whole-of-Society Ansätzen (6); multisektoraler Zusammenarbeit im Rahmen eines ➜One Health Ansatzes (8); ➜Geistige Eigentumsrechte sollen geschützt werden, ohne dass dies die Handlungsfähigkeit der Staaten einschränkt (10); ➜genetische Daten zu potentiellen Krankheitserregern sollen zügig geteilt werden (11); finanzielle, humane und ➜technische Ressourcen bereitgestellt werden (12); Die ungleiche Entwicklung der Länder soll berücksichtigt werden (9, 12, ➜equity 13).

Die WHO möchte der ganzen Welt zu einer umfassenden Gesundheit verhelfen:

8. Reaffirming the importance of multisectoral collaboration at national, regional, and international levels to safeguard human health, detect and prevent health threats at the animal and human interface, zoonotic spill-over and mutations, and to sustainably balance and optimize the health of people, animals, and
ecosystems
, in a One Health approach,

Und die Menschenrechte sollen geachtet werden (13).

Was im Vorwort zum Bureau Text angesprochen worden ist und jetzt nicht mehr: Dass die Empfehlungen auch bindend werden sollen. Das wird nicht mehr direkt angesprochen und kommt nur noch in der Betonung der WHO als führende Gesundheitsinstitution zum Ausdruck. Auch die an anderen Stellen immer wieder vorgetragene Forderung nach Zensur („infodemic“) mit der WHO als Bestimmer der erlaubten Wahrheit wird im Vorspann nicht erwähnt.

In der Diskussion zu den bisherigen Entwürfen wurde insbesondere die angestrebte bindende Wirkung von WHO-Maßnahmen kritisiert, die Zensuraktivitäten, die vorgeschlagende Ersetzung der ➜Menschenrechte in Artikel 3 IHR, sowie von Seiten des Pharmaverbandes das Aussetzen von geistigen Eigentumsrechten während einer Pandemie (➜Teil II Meldungen, 2023-10-17). Diese Themen werden nun im Vorwort nicht erwähnt oder beschwichtigend aufgenommen.

Weiter mit den Vorschlägen für die Artikel des Vertragswerks.

Article 1. Use of terms

(c) “infodemic” means too much information, including false or misleading information, in digital and physical environments during a disease outbreak. It causes confusion and risk-taking behaviours that can harm health. It also leads to mistrust in health authorities and undermines the public health and social measures; (WHO-Website dazu)

Erstaunlich, oder? Oder bin ich da einfach unzureichend informiert? Das ist doch ein Rückfall in die Zeiten vor der Aufklärung?! Wer bestimmt denn, was zuviel Information ist? Was falsche oder irreführende Information ist? Nach welchen Kritierien? Entlarvend auch: Es gibt in dem ersten Artikel keine Definition von „false or misleading information“.
Nun bin ich im philosophischen Diskurs kein Experte, aber das sieht mir nach einem naiven Realismus aus. – Oder der Realismus ist nicht so naiv, dann ist er vorgeschoben zwecks Machtausübung und Manipulation. (➜Zensur)

(c) “One Health approach” means an integrated, unifying approach that aims to sustainably balance and optimize the health of people, animals and ecosystems. It recognizes that the health of humans, domestic and wild animals, plants and the wider environment (including ecosystems) are closely linked and interdependent;
The approach mobilizes multiple sectors, disciplines and communities at varying levels of society to work together to foster well-being and tackle threats to health and ecosystems, while addressing the collective need for clean water, energy and air, safe and nutritious food, taking action on climate change, and contributing to sustainable development;

One Health ist ein weiteres wichtiges Konzept, dass in den internationalen Organisationen zur Zeit gekocht wird (siehe dazu die WHO-Website). Alles hängt mit allem zusammen. Und deshalb müssen alle alles einheitlich managen. Für das Wohl aller.

Das Konzept One Health ist fester Bestandteil des Negotiating Text Entwurfs und hat einen eigenen Artikel bekommen (Artikel 5).

 

NEU Dann gibt es eine neue Definition:

(g) “Party” means a State or regional economic integration organization that has consented to be bound by this Agreement in accordance with its terms, and for which this Agreement is in force;

Immer wenn in dem Vertrag also von „Party“ die Rede ist, dann sind nicht nur Mitgliedsstaaten gemeint, sondern auch regionale Wirtschaftsintegrationszonen. Wenn ich das richtig verstehe, dann kann die EU als EU eigenständig dem WHO CA+ Vertrag beitreten.

Artikel 2 wurde aufgeräumt. Er lautet nun:

Article 2. Objective and scope
 
1. The objective of the WHO Pandemic Agreement, guided by equity, the right to health and the principles and approaches set out herein, is to prevent, prepare for and respond to pandemics, with the aim to comprehensively and effectively address systemic gaps and challenges that exist in these areas, at national, regional and international levels.
 
2. In furtherance of its objective, the WHO Pandemic Agreement applies at all times.

Klarer, aber auch sehr weit gefasst. Das ist an dieser Stelle noch nicht konkret. Mir ist unklar, wo der qualitative Unterschied zu den einleitenden Absätzen ist. Klar ist hingegen Absatz 2: Die vertraglichen Vereinbarungen gelten immer, also nicht nur bei Gesundheitsnotständen. Was auch verständlich ist, denn es geht ja um das Vorbereitetsein.

equity“ ist ein wichtiges Konzept, das immer wieder verwendet wird. Es geht um gleichen Zugang zu Therapeutika. In dem WHO-CA+ Entwurf wird es nicht definiert. Eine Beschreibung gibt es im nächsten Artikel 3 Absatz 3.

NEU Interessant ist in Absatz 1 auch die Formulierung „adress systemic gaps“. Ein gap, eine Lücke, ist ja etwas, das geschlossen werden kann. Das heißt, dass es auch ein Genug an Kapazitäten zur Vorbereitung auf Pandemien geben kann – das ist das erst Mal, dass ich in den Vertragsentwürfen einen Hinweis auf ein Genug finde, wenn auch nur implizit. Ansonsten steht da immer ➜stärken, stärken, stärken. Praktisch gesehen ist diese Lücke aber von der WHO sehr weit auslegbar, da sie ja keine Analysen zur Diagnose der Problemlage und zum Abwägen der gewählten Maßnahmen angibt, bleibt der Gegenstand ihres Handelns im Nebel.

 

Article 3. General principles and approaches
 
1. Respect for human rights – The implementation of this Agreement shall be with full respect for the dignity, human rights and fundamental freedoms of persons.
 
2. Sovereignty – States have, in accordance with the Charter of the United Nations and the general principles of international law, the sovereign right to legislate and to implement legislation in pursuance of their health policies.

Hier werden sie immerhin aufgeführt: ➜Die Menschenrechte. Letztlich ist aber entscheidend, wie sich die einzelnen Bestimmungen auf die Menschenrechte auswirken und nicht, ob sie im Vertragstext erwähnt werden.

Der Absatz 2 zur Souveränität der Staaten wurde aufgeräumt. Im Bureau Text hieß es weiter:

In doing so, they shall uphold the purposes and objectives of the WHO CA+ and carry out their obligations under the WHO CA+ in a manner consistent with the principles of the sovereign equality and the territorial integrity of States and that of non-intervention in the domestic affairs of other States.

Die ungelöste Spannung zwischen der staatlichen Souveränität auf der einen Seite und der Anforderung, den Vorgaben der WHO zu folgen auf der anderen Seite, war wohl zu offensichtlich.

3. Equity – Equity is at the centre of pandemic prevention, preparedness and response, both at the national level within States and at the international level between States. It requires, inter alia, specific measures to protect persons in vulnerable situations. Equity includes the unhindered, fair, equitable and timely access to safe, effective, quality and affordable pandemic-related products and services, information, pandemic-related technologies and social protection.

Da ist es wieder, das equity-Konzept.

6. Accountability – States are accountable for strengthening and sustaining their health systems’ capacities and public health functions to provide adequate public health and social measures by adopting and implementing legislative, executive, administrative and other measures for fair, equitable, effective and timely pandemic prevention, preparedness and response. States are accountable to provide specific measures to protect persons in vulnerable situations.

Unklar was das heißen soll. Wie sollen die Staaten verantwortlich sein? Wie in die Verantwortung genommen werden? Was sie tun sollen, steht ja schon in den anderen Paragraphen.

NEU

  1. Proportionality – Public health decisions for preventing, preparing for and responding to pandemics should be proportionate in a manner consistent with Article 2 of the International Health Regulations.

IHR 2005, Dritte Auflage
Article 2 Purpose and scope
 
The purpose and scope of these Regulations are to prevent, protect against, control and provide a public health response to the international spread of disease in ways that are commensurate with and restricted to public health risks, and which avoid unnecessary interference with international traffic and trade.

Ich habe keine Ahnung, was damit gemeint ist. Warum ein Verweis auf IHR Artikel 2? Warum nicht einfach den Artikel 2 IHR übernehmen? Warum ein „proportionate“ Artikel 2 IHR? Warum hier in den Prinzipien?

Zum Vergleich die Version von „Proportionality“ aus dem Bureau Text:

12. Proportionality – Public health decisions for preventing, preparing for and responding to pandemics should be proportionate, such that the benefit of measures implemented outweigh their costs.

Das war verständlicher und leichter zu kritisieren: Also die WHO will für dafür sorgen, dass alle Menschen den höchstmöglichen Gesundheitsstandard genießen können (Artikel 3 Absatz 1) und die alle paar Jahrzehnte auftretenden Pandemien substantiell verringern (Artikel 2 Absatz 1) und gleichzeitig soll das verhältnismäßig geschehen. Eine verhältnismäßige Maximierung. Ein Widerspruch in sich. Damit kann alles und nichts begründet werden.

Im Artikel 4 geht es unter anderem um Zusammenarbeit zwischen den Staaten, Datenstandards, Laborkapazitäten, und Mikrobenüberwachungspläne. Der Artikel wurde es umsortiert und geglättet. Etwaige inhaltliche Änderungen sind unter meinem Radar.

Artikel 5: One Health. Hier gibt es eine deutliche Änderung. Im Bureau Text war noch offen, ob One Health Teil des Vertrages werden soll. Es ist eine Entscheidung gefallen: Artikel 5 One Health ist nun fester Bestandteil des Vertragsentwurfs. Das ist insofern von Bedeutung, weil der ➜One Health Ansatz von der ➜Zoonose-These ausgehend ein sehr breites Spektrum an Themen mit Pandemien in Verbindung bringt und somit der WHO eine sehr breite Zuständigkeit eröffnet: Von der Regulierung des Handels mit Wildtieren über eine allumfassende Überwachung und Aufbau von Laborkapazitäten, um alle möglichen Mikroben aufzuspüren, die irgendeine Art von Krankheit verursachen könnten, bis hin zum Klimawandel.

WHO CA+ Negotiating Text Artikel 5 One Health
Absatz 2
The Parties shall promote and enhance synergies between multisectoral and transdisciplinary collaboration at the national level and cooperation at the international level, in order to identify, conduct risk assessments at the interface between human, animal and environment ecosystems, while recognizing their interdependence, and with applicable sharing of the benefits, per the terms of Article 12.

Wie das konkret umgesetzt werden soll, soll später ausgehandelt werden:

6.
Pursuant to Article 21, the Conference of the Parties shall develop appropriate modalities to address the measures set forth in Articles 4 and 5 of this Agreement.

Das bedeutet, dass auch bei einer möglichen Verabschiedung von WHO CA+ an dieser Stelle noch offen ist, wie weitreichend die WHO in die verschiedenen Lebensbereiche hineinregieren würde.

Article 6. Preparedness, readiness and resilience

  1. Each Party shall continue to strengthen its health system, including primary health care, for sustainable pandemic prevention, preparedness and response, taking into account the need for equity and resilience, with a view to the progressive realization of universal health coverage.

Ich lese daraus: Aufforderung zu mehr Gesundheitsausgaben. Und schwächere Länder unterstützen.

Im weiteren Artikel geht es um die Entwicklung von Programmen und Strategien und den Aufbau diverser Kapazitäten. Ich sehe keine substantiellen Änderungen gegenüber dem Bureau Text.

Article 7. Health and care workforce

  1. Each Party, in line with its respective capacities, shall take the necessary steps to safeguard protect, invest in and sustain a skilled, trained, competent and committed health and care workforce, at all levels, in a [gender-responsive]/[gender-sensitive] manner, with due protection of employment, civil and human rights, and safety and well-being, consistent with applicable international obligations and relevant codes of practice, with the aim of increasing and sustaining capacities for pandemic prevention, preparedness and response, while maintaining quality essential health services and essential public health functions, during pandemics. To this end, each Party shall, in accordance with its national law:

Auch hier stellt sich mir wieder die Frage: Die Staaten müssen („shall“ nicht „should“) in die Mitarbeiterschaft des Gesundheitswesens investieren und diese erhalten – aber bis zu welchem Niveau?

NEU Neu ist, dass Maßnahmen zum Schutz von im Gesundheitswesen arbeitenden Menschen und Gesundheitseinrichtungen gegen Gewalt ergriffen werden sollen. Ansonsten keine substantiellen Änderungen gegenüber dem Bureau Text.

Article 8. Preparedness monitoring and functional reviews

2. […] and support the conduct of, among others, appropriate simulation or tabletop exercises, and intra- and after-action reviews, based on the relevant tools and guidelines developed by WHO in partnership with relevant organizations.

Bei Planspielen wird in der pandemiekritischen Szene ja an Vorbereitung zur Inszenierung einer neuen Pandemie gedacht.

Bemerkenswert auch, dass die WHO auch hier wieder top-down denkt. Sie gibt die Werkzeuge vor und die Länder führen aus. (Dieser Halbsatz ist neu hinzugekommen.)

Die Forderung nach After-Action-Reviews hört sich ersteinmal sehr sinnvoll an. Für die Coronapandemie hat die WHO allerdings nur analysiert, wie der Umsetzungsprozess der WHO-Vorgaben erfolgt ist. Eine Analyse, ob die Maßnahmen auch die richtigen waren, ➜hat nicht stattgefunden. Von daher wäre explizit auch eine Überprüfung der Maßnahmenwirksamkeit zu fordern.

Article 9. Research and development

  1. The Parties shall cooperate to build strengthen and sustain geographically diverse capacities and institutions for research and development, particularly in developing countries, and shall promote research collaboration and access to research through open science approaches for rapid sharing of information and results.

Wieder geht es um mehr Ausgaben. Diesmal für Forschungskapazitäten. Wieder ist nicht klar, wann genug ist. Aber die Staaten müssen investieren („shall“ nicht „should“).

NEU Gestrichen wurde folgender ambivalenter Absatz aus dem Bureau Text, der zumindest am Rande die Gefahren, die von ➜Biolaboren ausgehen, thematisiert:

Bureau Text Artikel 9 Absatz 5
Each Party shall implement and apply relevant international standards for the biorisk management of laboratories and research facilities that carry out research to better understand the pathogenicity and transmissibility of pathogens with pandemic potential, and to prevent the unintended consequences of
such research, while minimizing unnecessary administrative hurdles for research.

Dann gibt es einen neuen Artikel 10 Sustainable production. In diesem Artikel geht es darum, Produktionsstätten für pandemiebezogene Produkte zu finden und zu unterhalten; Hersteller unter Vertrag zu nehmen, um Wissenstransfer. Und das Bereitstellen von kostenlosen Lizenzen für alle, insbesondere von Institutionen, die staatlich gefördert werden (Der Absatz dazu stand im Bureau Text in Artikel 11A Absatz 4c).

Article 11. Transfer of technology and know-how

Artikel 11 ist aufgeräumt worden. Inhaltlich sehe ich keine Änderungen.

2 The Parties shall
 
(b) make available non-exclusive licensing of government-owned technologies on mutually agreed terms as appropriate, for the development and manufacturing of pandemic-related products,
and publish the terms of these licenses;
 
(f) provide, within their capabilities, resources to support capacity-building for the development and transfer of relevant technology, skills and know-how, and to facilitate access to other sources of
support.

3.
During pandemics, each Party shall, in addition to the undertakings in paragraph 2 of this Article:
(a) commit to agree upon, within the framework of relevant institutions, time-bound waivers of intellectual property rights to accelerate or scale up the manufacturing of pandemic-related products during a pandemic, to the extent necessary to increase the availability and adequacy of affordable pandemic-related products;

Im Artikel 11 geht es wieder um das equity-Konzept. Zum einen geht es um mehr Kapazitäten für die schwächeren Länder. Aber es geht auch um Wissenstransfer. Dazu sollen die Patentrechte zeitlich ausgesetzt werden können. Oder Hersteller gedrängt werden, ihr Wissen weiterzugeben.

Erstaunlich ist, dass es der Auftrag eine umfassende Datenbank aufzubauen, in die Negotiating Text Version geschafft hat:

2 e) develop a database that provides the details of pandemic-related products for all known pandemic potential diseases, including the technological specifications and manufacturing process documents for each product;

Erstaunlich finde ich das deshalb, weil es meines Wissens nach völlig irreal ist, ein vollständiges Wissen über Produktionsprozesse zu verschriftlichen. Und zum zweiten dürfte weite Teile davon in privatem Eigentum sein.

Artikel 12. Access and benefit sharing

NEU Neu bei diesem Artikel ist, dass ein WHO PABS-Systems (Pathogen Access and Benefit-Sharing System) aufgesetzt wird und einige Eigenschaften konkret beschrieben werden. Es geht darum, dass die monetären und nicht-monetären Gewinne, die aus dem Weitergeben von Gensequenzen potentiell gefährlicher Mikroben entwickelt werden, aufgeteilt werden.

1.
The Parties hereby establish a multilateral system for access and benefit sharing, on an equal footing, the WHO Pathogen Access and Benefit-Sharing System (WHO PABS System), to ensure rapid and timely risk assessment and facilitate rapid and timely development of, and equitable access to pandemic-related products for pandemic prevention, preparedness and response.

Aufgefallen sind mir folgende Regeln:

b)
PABS multilateral benefit-sharing:
 
ii.The PABS SMTAs shall include, but not be limited to, the following monetary and non-monetary benefit-sharing obligations:
 
1. in the event of a pandemic, real-time access by WHO to a minimum of 20% (10% as a donation and 10% at affordable prices to WHO) of the production of safe, efficacious and effective pandemic-related products for distribution based on public health risk and need, with the understanding that each Party which has manufacturing facilities that produce pandemic-related products in its jurisdiction shall take all necessary steps to facilitate the export of such pandemic-related products, in accordance with timetables to be agreed between WHO and manufacturers;

Also die WHO ruft einen Gesundheitsnotstand aus, bestimmt dann welche Arzneimittel zum Einsatz kommen sollen und bekommt dann 10% dieser Arzneimittel kostenlos und weitere 10% vergünstigt.
OK, überlegen wir, was das Korruptionspotential dieser Regel ist: Die WHO kann die erhaltenen Arzneimittel mit Gewinn verkaufen und das Geld intern verwenden. Sie kann die Arzneimittel günstiger weiterverkaufen, was auch Verhandlungsspielräume eröffnet. Dann können Pharmaunternehmen die WHO bestechen, damit diese bestimmte Arzneimittel propagiert.
Sorgt die WHO vor, dass diese Korruptionspotentiale nicht ausgenutzt werden? – nicht dass ich wüsste.

5.
In the event that pandemic-related products are produced by a manufacturer that does not have a PABS SMTA under the WHO PABS System, it shall be understood that the production of pandemic-related products requiring the use of WHO PABS Materials, implies the use of the WHO PABS System.

Und die WHO sorgt gleich noch für ein weltweites Monopol für Stoffe, die Gensequenzen natürlicher Mikroben zum Ausgangspunkt haben.

Article 13. Supply chain and logistics

Es wird vorgeschlagen, dass die Länder dafür sorgen sollen, dass die Kosten und Preise der Gesundheitsprodukte und ihrer Vorprodukte transparent sind. Und dass ein Verteilungsmechanismus entwickelt wird, der die Pandemie-Produkte nach den öffentlichen Gesundheitsrisiken und Bedürfnissen verteilt. Es soll wenn möglich bestimmt werden, welche Produkte mit welcher Größe und Menge wohl im Falle einer Pandemie gebraucht werden würden.

Der Artikel ist aufgeräumt worden. Inhaltlich sind mir keine Änderungen aufgefallen.

Article 14. Regulatory strengthening

2.
The Parties shall align and, where possible, harmonize technical and regulatory requirements and procedures, in accordance with applicable international standards, guidance and protocols, including those covering regulatory reliance and mutual recognition, and share relevant information and assessments concerning the quality, safety and efficacy of pandemic-related products with other Parties.

Wie steht dieses weltweite Harmonisieren von technischen und gesetzgeberischen Anforderungen zu Resilienz durch Vielfalt?

Article 15. Liability risk management

Vormals Artikel 10.

2.
The Conference of the Parties shall establish, within two years of the entry into force of the WHO Pandemic Agreement, using existing relevant models as a reference, no-fault vaccine injury compensation
mechanism(s), with the aim of promoting access to financial remedy for individuals experiencing serious adverse events resulting from pandemic vaccine, as well as more generally promoting pandemic vaccine acceptance. The Conference of the Parties shall further develop the mechanism(s), which may be regional and/or international, including strategies for funding the mechanism(s), through the modalities provided for in Article 20.

Nanu, es sollen Abläufe für Impfentschädigungen eingerichtet werden.
Skeptisch macht mich, der Hinweis darauf, dass dafür existierende relevante Verfahren als Referenz genutzt werden sollen. Es wäre ja auch möglich als Ziel zu setzen, dass durch Impfung geschädigte unabhängig von Vermögen und juristischen und medizinischem Hintergrundwissen soweit entschädigt werden, dass die Schäden behandelt werden können und gegebenfalls Unterstützung gewährt wird, um Beeinträchtigungen im Alltag abzufedern.

Was mir auch noch unklar erscheint: In Absatz 1 dieses Artikels werden nun die einzelnen Parties dazu aufgefordert, selbst Versicherungsmechanismen zu entwickeln, auch für Impfschäden. Wie passt dieser Auftrag an die Länder zu dem Vorhaben der WHO, ebensolche Versicherungsmechanismen auf WHO-Ebene zu entwickeln?

Absatz 3 klingt vernünftig:

3.
Each Party shall endeavour to ensure that in contracts for the supply or purchase of novel pandemic vaccines, buyer/recipient indemnity clauses, if any, are exceptionally provided, and are time-bound.

Haftungsfreistellungen für Hersteller sollen, wenn ausnahmsweise vereinbart, zeitlich begrenzt sein.
Der Aussagegehalt dieses Absatzes ist für mich schwierig einzuschätzen. Bei den Coronaimpfstoffen trägt der Staat ja sogar die Gerichtskosten im Falle von Impfschadensklagen. Aufgrund dieser Erfahrung kann ich noch nicht glauben, dass dieser Absatz Wirkung entfaltet.

Article 15. International collaboration and cooperation

(b) support mechanisms that ensure that policy decisions are science and evidence-based;

Wissenschafts- und evidenzbasiert. Ja, aber richtig!

(e) assist developing countries through multilateral and bilateral partnerships that focus on developing capacities for effectively addressing health needs for pandemic prevention, preparedness, and response in line with the provisions set out in Article 19;

Ich wollte den Absatz zitieren, um zu zeigen dass es immer wieder um Kapazitätsaufbau und immer wieder um Unterstützung schwächerer Länder geht.

Article 17. Whole-of-government and whole-of-society approaches at the national level

Vormals Artikel 16. Inhaltlich nichts Neues.

3.
Each Party shall, in accordance with its national context, promote the effective and meaningful engagement of communities, civil society and other relevant stakeholders, including the private sector, as part of a whole-of-society response in decision-making, implementation, monitoring and evaluation, and shall also provide effective feedback opportunities.

… und die Kommunen sollen verstärkt einbezogen werden.

NEU So, jetzt geht’s ans Zensurthema. Wichtig. Deshalb der Artikel in voller Länge.

Article 18. Communication and public awareness
 
1. The Parties shall strengthen science, public health and pandemic literacy in the population, as well as access to information on pandemics and their effects and drivers, combat false, misleading, misinformation or disinformation, including through effective international collaboration and cooperation as referred to in Article 16.
 
2. The Parties shall, as appropriate, conduct research and inform policies on factors that hinder adherence to public health and social measures in a pandemic and trust in science and public health institutions.
 
3. The Parties shall promote and apply a science and evidence-informed approach to effective and timely risk assessment and public communication.

In Absatz 1 verpflichten sich die Mitgliedsländer zur Zensur und dazu die Bevölkerung zu indoktrinieren. Es ist ein indoktrinieren und kein informieren, weil der Bevölkerung alternative Sichtweisen vorenthalten werden sollen.

Artikel 18 ist im Vergleich zum Bureau Text deutlich gekürzt worden. Dadurch ist die Zensurforderung und die Konsequenzen daraus abstrakter geworden. Gestrichen wurde etwa die Aufforderung zu „social listening“, also das flächendeckende Abhören von Social Media, um die aktuelle Diskussion zu erfassen und Gegenmaßnahmen gezielt einzuleiten. (Zur Bureau Text Version von Artikel 18 siehe ➜Dokument, ➜Besprechung, ➜Zensur)
Das steht jetzt zwar nicht mehr drin, aber die WHO hat sich kein bisschen davon distanziert. Es steht jetzt nicht drin: „Die Mitgliedsländer verpflichten sich eine umfassende öffentliche Diskussion zu Gesundheitsfragen zu fördern“.

Article 19. Implementation capacities and support

Der Artikel ist neu. Es geht im Wesentlichen darum dafür zu sorgen, dass die notwendigen Mittel vorhanden sind, um den geforderten Kapazitätsaufbau betreiben zu können. Dabei stehen die Entwicklungsländer im Fokus, also wieder ein Artikel im Sinne von Equity.

Article 20. Financing

NEU Der Artikel wurde aufgeräumt und etwas konkreter:

2.
A sustainable funding mechanism shall be established by the Conference of the Parties, no later than 31 December 2026. The mechanism shall ensure the provision of adequate, accessible, new and additional, and predictable financial resources, and shall include the following:

Klar, mehr Kapazitäten brauchen mehr Geld.

Article 20. Conference of the Parties

1. A Conference of the Parties is hereby established. The Conference of the Parties shall be comprised of delegates representing the Parties to the WHO CA+. The Conference of the Parties shall also include observers as follows:

Und das Ganze will verwaltet sein. Also eine weitere Weltgesundheitsversammlung für den Zweck der Pandemievorsorge.

NEU Während im Bureau Text weitere Kommittees eingesetzt wurden, sollen weitere Gremien jetzt von der Conference of Parties erst künftig vereinbart werden:

9.
The Conference of the Parties shall establish subsidiary bodies to carry out the work of the Conference of the Parties, as it deems necessary, on terms and modalities to be defined by the Conference of the Parties. Such subsidiary bodies may include, without limitation, an Implementation and Compliance Committee, a Panel of Experts to provide scientific advice, and a WHO PABS System Expert Advisory Group.

Zu dem vorgeschlagenen Expertenpanel habe ich Fragen:
Warum ein Expertenpanel? Da ist doch die Gefahr, dass von vorneherein die Sichtweise eingeengt wird. Wie wäre es stattdessen mit mehreren Menschen, die die Forschungsarbeiten und Literatur sichten. Diese kommentiert zusammenfassen. Und dann Forschenden die Gelegenheit geben, eigene Einreichungen zu machen. Und dann in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fachleuten Vorgehensweisen erarbeiten.

Im Bureau Text gab es noch folgende Passage im Artikel 22 „Implementation and Compliance Committee“:

3.
The Implementation and Compliance Committee shall be facilitative in nature and function in a manner that is transparent, non-adversarial and non-punitive, and shall pay particular attention to the
respective national and regional capabilities and circumstances of Parties, […]

Diese Passage war interessant, weil sie den Bestrebungen nach mehr Durchsetzungsmacht für die WHO ein Signal an die Seite gestellt hat, das es eine nicht-strafende Durchsetzungsmacht gehen soll. Diese Passage ist nun entfallen.

Article 22. Right to vote
 
1. Each Party to the WHO Pandemic Agreement shall have one vote in the Conference of the Parties, except as provided for in paragraph 2 of this Article.
 
2. Regional economic integration organizations, in matters within their competence, shall exercise their right to vote with a number of votes equal to the number of their Member States that are Parties to the WHO Pandemic Agreement, duly accredited and present during the voting. Such an organization shall not exercise its right to vote if any of its Member States exercises its right, and vice versa.

Wenn ich das richtig verstehe, ist vorgesehen, dass eine regionale Organisation, sagen wir zum Beispiel der EU, anstelle der Länder der EU abstimmen kann. Wozu das?

Ich habe auch den Eindruck, dass hier eine Regelungslücke eingebaut worden ist: Was passiert in dem Fall, dass sich sagen wir die EU und Deutschland nicht einigen können, wer abstimmt? Also wenn das „vice versa“ am Ende nicht stehen würde, wäre der Fall klar: Sobald Deutschland selbst abstimmt, kann die EU nicht mehr abstimmen. Jetzt steht da aber „vice versa“. Das heißt, wenn die EU abstimmt, kann Deutschland nicht mehr abstimmen.
Das Ganze wird noch dadurch rätselhafter, dass die EU nur für die Länder abstimmen kann, die bei der Abstimmung anwesend sind.

Keine Änderung gegenüber dem Bureau Text. (Außer Artikelnummer, zuvor Artikel 31)

Article 23. Reports to the Conference of the Parties

Article 24. Secretariat
 
1. A Secretariat for the WHO Pandemic Agreement is hereby established. The Secretariat functions for the WHO Pandemic Agreement shall be provided by the World Health Organization.

Artikel 27 ist auch inhaltlich unverändert:

Article 27. Relationship with other international agreements and instruments

2. The Parties recognize that the WHO Pandemic Agreement and other relevant international instruments, including the International Health Regulations, should be interpreted so as to be complementary and compatible.
The provisions of the WHO Pandemic Agreement shall not affect the rights and obligations of any Party under other existing international instruments.

So als juristischer Laie stehen mir die Haare zu berge. Die Auslegung von WHO CA+ soll also so erfolgen, dass das Vertragswerk mit anderen internationalen Verträgen kompatibel ist. Warum wird für den Fall, dass ein solcher Konflikt bekannt wird, kein Klärungsverfahren eingerichtet?
Im Konfliktfall werden Auslegungspielräume entstehen: Wer legt diese aus?

Der nächste Haare-zu-Berge-steh-Absatz ist gleich der folgende Absatz 3:

3. The provisions of the WHO that Pandemic the WHO Agreement Pandemic shall in no way affect the ability of Parties to enter into bilateral or multilateral agreements, including regional or subregional agreements, on issues relevant or additional to the WHO Pandemic Agreement, provided that such agreements are compatible with their obligations under the WHO Pandemic Agreement. The Parties concerned shall communicate such agreements to the Conference of the Parties, through the Secretariat.

Merkwürdige Aussage, oder? Also zumindest kostet die Staaten WHO CA+ etwas. Und das reduziert natürlich die Möglichkeiten andere Abkommen abzuschließen. Odern wenn ein Staat im Rahmen von WHO CA+ Vereinbarungen zu Technologietransfer unterschreibt, dann beeinflusst das auch die Möglichkeiten für Abkommen zu diesem Themenbereich.
Die nächste Merkwürdigkeit ist, dass die Forderung, WHO CA+ möge die Möglichkeiten der Vertragsparteien zu anderweitigen Verträgen in keiner Weise einschränken, nur dann gilt: Wenn diese Verträge dem WHO CA+ Vertrag nicht zuwiderlaufen. Stellt sich die Frage, warum nicht so formulieren: „Zum Themenfeld des WHO CA+ Vertrages können die Vertragsparteien weitere Verträge abschließen, sofern damit keine Verpflichtungen aus dem WHO CA+ Vertrag in Mitleidenschaft gezogen werden.“
Tja warum? Soll Harmlosigkeit des Vertrags vorgegaukelt werden?

Article 27. Withdrawal

  1. At any time after two years from the date on which the WHO Pandemic Agreement has entered into force for a Party, that Party may withdraw from the WHO Pandemic Agreement by giving written notification to the Depositary.
  2. Any such withdrawal shall take effect upon the expiry of one year from the date of receipt by the Depositary of the notification of withdrawal, or on such later date as may be specified in the notification of withdrawal.

Nach 2 Jahren kann ein Land mit Wirkung zum Ende des Jahres wieder austreten.

NEU Und es gibt einen neuen Absatz:

  1. Any Party that withdraws from the WHO Pandemic Agreement shall not be considered as having also withdrawn from any protocol to which it is a Party, or from any related instrument, unless such a Party formally withdraws from such other instruments, and does so in accordance with the relevant terms, if any, thereof.

Das heißt: Alle Anhänge, Ausführungsprotokolle etc. müssen von einem Land, das WHO CA+ kündigt, einzeln gekündigt werden.
Hört sich erstmal nach Schikane an. Aber vielleicht gibt es ja auch Protokolle, die auch für sich genommen beibehaltenswert sind.
Und Vorsicht: In den Protokollen können eigene Kündigungsfristen vereinbart werden („in accordance with the relevant terms“).

Dann gibt es die Möglichkeit das Vertragswerk auszugestalten, also als Rahmenvertrag zu verwenden, der dann konkretisiert wird:

 

Article 28. Amendments to the WHO Pandemic Agreement

Article 29. Annexes

Article 30. Protocols

 

Article 32. Ratification, acceptance, approval, formal confirmation or accession

  1. The WHO Pandemic Agreement shall be subject to ratification, acceptance, approval or accession by States […]
  2. Any regional economic integration organization that becomes a Party to the WHO Pandemic Agreement without any of its Member States being a Party shall be bound by all the obligations under the WHO Pandemic Agreement. In the case of those regional economic integration organizations for which one or more of its Member States is a Party to the WHO Pandemic Agreement, the regional economic integration organization and its Member States shall decide on their respective responsibilities for the performance of their obligations under the WHO Pandemic Agreement. In such cases, the regional economic integration organization and its Member States shall not be entitled to exercise rights under the WHO Pandemic Agreement concurrently.

Es wird die Möglichkeit geschaffen, dass eine regionale Organisation dem WHO-CA+ beitritt, aber die Länder dieser regionalen Organisation nicht. Dann soll diese regionale Organisation genauso in der Pflicht stehen wie einzelne Länder. Was ja heißt, dass sie bei den nicht eingetretenen Ländern vorstellig wird.

Inhaltlich unverändert.

Article 34. Settlement of disputes

Der Artikel könnte noch interessant sein. Er ruft dazu auf Auslegungs- oder Anwendungskonflikte zum Vertrag zunächst im Wege der Verhandlung oder Mediation zu lösen. Wenn dies scheitert können sich die Parteien darauf einigen entweder a) vor den internationalen Gerichtshof zu ziehen oder b) die Conference of Parties des Vertrages entscheiden zu lassen.

Die Regelung ist im Übrigen nicht wasserdicht, denn wenn sich zwei Länder streiten und das eine Land den Weg a) gehen will und das andere den Weg b) dann ist dafür keine Lösung vorgesehen.

NEU Für eine Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration, die dem Abkommen beigetreten ist, steht nur der Weg b) offen.

 

Fazit

NEU Welche Änderungen gibt es gegenüber dem Bureau Text?

Mein Eindruck ist, dass es wenige inhaltliche Änderungen gegeben hat. Der Text ist etwas geglättet worden. Artikel bei denen mehrere Optionen zur Auswahl standen, werden jetzt in einer Version präsentiert.

Sprachlich wird etwas vorsichtiger formuliert und weniger konkrete Maßnahmen benannt. Zum einen anzunehmenderweise, um einer möglicherweise sorgfältigeren künftigen Ausarbeitung nicht zuvorzukommen. Zum anderen aber auch, um abstrakt zu bleiben und damit weniger Angriffsfläche für Auseinandersetzungen zu bieten.
Besonders deutlich wird dies beim Zensurthema: Obwohl ein durchgängiges Thema, auch in anderen internationalen Organisationen, taucht das Zensurthema nicht in der Präambel auf. Und aus dem Zensur-Artikel 18 sind die Absätze, die konkrete Maßnahmen benannt haben, wie „social listening“, aus dem Vertragsentwurf gestrichen worden.
Auch beim Artikel 5 One Health sind in der neuen Version weniger praktische Anwendungsgebiete mehr enthalten. Beispielsweise findet sich die Formulierung „including but not limited to climate change, land-use change, wildlife trade, desertification and antimicrobial resistance.“ in der neuen Version nicht mehr.

Änderungen, dir mir nennenswert erscheinen:

Bureau Text Artikel 9 Absatz 5 ist gestrichen worden. Der Absatz hatte zumindest am Rande die Gefahren, die von Biolaboren ausgehen, thematisiert.

Negotiating Text Artikel 12. Access and benefit sharing. Da wird ein entsprechendes Verteilungssystem names PABS eingerichtet. Aufgefallen ist mir die Regel in Unterpunkt b) ii 1.: Die WHO soll 10% der Pandemiemedikamente kostenlos erhalten und 10% zu einem vergünstigten Preis. Und in Abschnitt 5: Pandemiemedikamente, die mit Gensequenzen hergestellt werden, die auch im PABS geteilt werden, müssen an dem PABS-System teilnehmen. Also ein weltweites Monopol an dieser Art von Medikamenten soll entstehen.

Aus Artikel 18 zum Zensurthema wurden die konkreten Anwendungsfälle entfernt, so dass weniger offensichtliche Anküpfungpunkte für Kritik präsentiert werden.

Im Artikel 20 wird nun die unmittelbare Gründung eines „sustainable funding mechanism“ initiiert. Ob das Auswirkungen hat, weiß ich nicht.

Artikel 27 zum Thema Austritt. Dort gibt es nun einen Absatz 3 der besagt, dass bei einem Austritt alle den Vertrag konkretisierenden Protokolle oder ähnliche Ergänzungen einzeln zu deren jeweiliger Kündigungsfrist gekündigt werden müssen.

Zusammenfassung

  • Dem Dokument fehlen Quellenangaben zu Tatsachenbehauptungen.
  • Das Dokument mit den Vorschlägen der einzelnen Länder wäre aus Transparenzgründen zu veröffentlichen; das ist bisher nicht geschehen.
  • In dem Negotiating Text wird das Thema „bindende Vorgaben der WHO“ nicht offen angesprochen. Es scheint durch in der Betonung der Führungsrolle der WHO zu Beginn der Präambel. Auch der Vertragsinhalt spricht für eine bindende Führungsrolle der WHO: Es geht um den Aufbau von im Vertrag festgelegten oder im weiteren Verlauf von der WHO noch zu bestimmenden Kapazitäten. Es geht nicht darum, dass sich Staaten eigenständig entwickeln und dann austauschen.
  • Als Grund für diesen zusätzlichen Vertrag wird ein Versagen der Staatengemeinschaft und der WHO in der Coronakrise angeführt (Vorwort). Eine Aufarbeitung, ob die gewählten Maßnahmen auch positiv gewirkt haben, wird allerdings nicht angeführt.
    Das ist insofern tragisch, da es gute Gründe gibt anzunehmen, dass die eingesetzten Maßnahmen mehr geschadet als genutzt haben (coronaquest.de -> Inhalt). Das Mittel Kapazitäten ausbauen wird daher nicht zum vorgetragenen Ziel einer verbesserten Pandemiebewältigung führen. WHO CA+ wählt die falschen Mittel.
  • Im Negotiating Text werden die Menschenrechte zumindest verbal bestätigt (Artikel 3 Absatz 1). Allerdings klingt an verschiedenen Stellen durch, dass die WHO besser weiß als die Menschen selbst, was für diese gut ist.
    Besonders deutlich wird dies in Artikel 18, dem Zensurartikel. Dort wird davon ausgegangen, dass viele Menschen entweder dumm sind oder absichtlich Falschinformationen verbreiten, während die WHO richtige Informationen verwendet. Es geht der WHO darum herauszufinden, warum sich Menschen beispielsweise nicht impfen lassen. Um dann Strategien zu entwickeln, diese Menschen zum Impfen zu bringen. Es geht der WHO nicht um ein wechselseitiges Lernen.
    Auch die Definition von One Health in Artikel 1 d) spricht dafür, dass die WHO glaubt, die Welt für andere bestimmen und optimieren zu können.
    Auch das nochmalige Hervorheben der zentralen Rolle der WHO im Gesundheitsbereich geht in diese Richtung (Präambel 1.). Ich habe auch nirgendwo gelesen, dass die WHO Menschen fragen will, wie sie sich eine Pandemiebewältigung wünschen. Und dann daraufhin Konzepte entwickelt. Von daher befürchte ich, dass die Bekenntnisse der WHO zu Menschenrechten und zur Menschenwürde eine leere Worthülse ist.
    Der Zensurartikel 18 beißt sich im Übrigen mit den Menschenrechten Artikel 19 zur freien Meinungsäußerung.
  • Artikel 18 über Zensur geht überhaupt nicht. Ebensowenig wie das Konzept von Infodemie (Artikel 1 c). Mal einfach so zu tun, dass klar ist, was Falschinformationen und irreführende Informationen sind, das ist dreist. Es entspricht einem Weltbild des naiven Realismus.
  • Es sollen Kapazitäten in allen möglichen Bereichen, die mit Pandemie zusammenhängen ausgeweitet werden. Ohne dass ein Kritierium für „genug“ angegeben wird.
    Beispielsweise
    • Präambel 13.
    • Artikel 4 Absatz 1, 3, 4a, 5
    • Artikel 5 Absatz 4d, 7
    • Artikel 6 Absatz 2b, f, g, i, 3
    • Artikel 7 Absatz 1
    • Artikel 8 Absatz 2
    • Artikel 9 Absatz 1
    • Artikel 12 Absatz 4ci
    • Artikel 13 Absatz 3d
    • Artikel 16 Absatz 2e
    • Artikel 19 Absatz 1
  • Das equity-Konzept wird immer wieder angeführt. Es geht darum, dass die Starken helfen sollen, dass alle Menschen gleichen Zugang zu Pandemieprodukten haben. Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass überlegt worden wäre, wie das Konzept zu dem bestehenden wirtschaftlichen und politischen System und irdischen Gegebenheiten passt. So wie die Wirksamkeit der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie insgesamt nicht aufgearbeitet worden ist oder eine solche Aufarbeitung jedenfalls nicht als Begründung herangezogen wird, so wird auch keine Untersuchung angeführt, wie die Entwicklungsländer durch die Krise gekommen sind und was ihnen besonders weitergeholfen hätte.
    Beispielsweise (equity / equitably / developing countries):
    • Präambel 5., 9., 11., 12., 13.
    • Artikel 2 Absatz 1
    • Artikel 3 Absatz 3, 6, 8
    • Chapter II (Artikel 4 bis 20)
    • Artikel 4 Absatz 2
    • Artikel 5 Absatz 7
    • Artikel 6 Absatz 1, 3
    • Artikel 7 Absatz 1c, 2
    • Artikel 9 Absatz 1, 2a, 2b, 4d
    • Artikel 10 Absatz 1, 1d, 1e, 1f
    • Artikel 11 Absatz 1, 2d
    • Artikel 12
    • Artikel 13 Absatz 1
    • Artikel 16 Absatz 2e
    • Artikel 17 Absatz 4d
    • Artikel 19 Absatz 1, 3
    • Artikel 20 Absatz 1d, 2c, 3
    • Artikel 23 Absatz 3
    • Artikel 24 Absatz 2c
  • One Health ist Teil des Vertrages und damit eine allumfassende Ausweitung der Zuständigkeiten der WHO (Artikel 1d, Artikel 5)

Kurz:

  • unreflektierte Wahl von Mitteln
  • konsequente Zensur
  • Streben nach unbegrenzter Ausweitung von Gesundheitskapazitäten
  • mögliche Ausweitung des Handlungsfeldes auf alles, was irgendwie eine Pandemie bedingen könnte.

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